Gemeinsamer Standpunkt der Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts
sowie der Präsidentinnen und Präsidenten der
Oberverwaltungsgerichte/Verwaltungsgerichtshöfe der Länder
Die Präsidentenkonferenz hat auf ihrer Jahrestagung am 8. Oktober 2009
in Lüneburg angesichts der aktuellen Reformdiskussion folgende Resolution
beschlossen:
- Die Konferenz begrüßt Bestrebungen, die Selbstverwaltung der Justiz
zu stärken.
- Alle Modelle und neuen Elemente der Selbstverwaltung sind daran zu
messen, ob sie die Leistungsfähigkeit der Justiz im Interesse des
rechtsuchenden Bürgers weiter erhöhen und die Unabhängigkeit der
Rechtsprechung sichern
- Die Reformmodelle müssen dem deutschen verfassungsrechtlichen
Erfordernis einer hinreichenden demokratischen Legitimation staatlichen
Handelns genügen. Eine unbeschränkte Autonomie der Gerichte und eine
Übernahme der dazu in anderen europäischen Demokratien entwickelten
Selbstverwaltungsmodelle scheiden deshalb aus.
- Nach einer von ihr durchgeführten bundesweiten Analyse der
gegenwärtig bestehenden Kompetenzverteilung in gerichtlichen Personal-,
Haushalts- und Organisationsangelegenheiten befürwortet die
Präsidentenkonferenz insbesondere folgende Ansatzpunkte für eine
Stärkung der Selbstverwaltung der Justiz:
- Die Mitwirkungsrechte der Richterschaft sollten ausgebaut
werden. Im Verfahren über die Besetzung von richterlichen
Beförderungsämtern ist ein Alleinentscheidungsrecht der Exekutive
der Stellung und der Bedeutung der Dritten Gewalt nicht angemessen.
Soweit nicht in einzelnen Ländern seit langem bewährte Gremien,
Organe oder Ausschüsse unter angemessener Beteiligung der
Richterschaft und der Gerichtsleitungen entscheiden, ist zumindest
ein Vetorecht der richterlichen Mitwirkungsgremien einzuführen. Im
Nichteinigungsfall sollte dann ein unabhängiges, auch mit
Richterinnen und Richtern besetztes Gremium entscheiden.
- Die Verantwortung für eine hinreichende Ausstattung der
Gerichte mit den notwendigen personellen und sachlichen Ressourcen
muss bei dem für die Gerichtsbarkeit zuständigen Ministerium
verbleiben. Im Rahmen der Haushaltsberatungen sollten die
Gerichtspräsidentinnen und -präsidenten aber das Recht erhalten,
den Personal- und Finanzbedarf ihrer Gerichtsbarkeit gegenüber dem
Parlament darzulegen.
- Eine stärkere Eigenverantwortung bei der Mittelverwendung
und der Organisation erhöht die Leistungsfähigkeit der Gerichte.
Daher ist ihnen bei der Verwendung der zugewiesenen Haushaltsmittel
- soweit dies noch nicht der Fall ist - ein größerer Spielraum
einzuräumen. Erfahrungen zeigen, dass zentralistische Vorgaben eine
effiziente Aufgabenwahrnehmung erschweren.